Text Duncker

 

                                                         REUDEN

PROVINZ BRANDENBURG. - REGIERUNGS-BEZIRK FRANKFUHRT. - KREIS KALAU

   Das Schloss auf dem Rittergut zu Reuden stammt aus dem sechzehnten oder siebzehnten Jahrhundert, 
es geht die Saga, dass in diesen alten Räumen dann und wann der spukhafte Umgang einer weissen Frau beobachtet wurde, doch über die Veranlassung und die Absichten dieser Erscheinung haben die Beobachter nichts Gewisses festzustellen vermocht. Es muss nun einmal fast jedem alten Gebäude, dessen Entstehung dem gegenwärtigen Geschlecht schon etwas entrückt ist, eien besondere Geschichte, und ein mehr oder weniger abentheuerlicher Anstrich, beigegeben werden. Dieses ist ein unzählige Male beobachteter Vorgang, und so geschah es auch dem alten, soliden Schloss in Reuden, dessen massige Sandsteinverzierung und wappengeschmückte Türeinfassung schon in erster Linie auf die Phantasie einwirken mochten, noch mehr aber das Innere des Bauwerkes mit seinen halbdunkeln, weiten, hallenden Corridoren, und zumal in der Krönung des Gebäudes, in dem wuchtigen Doppeldach, fand sich manch unheimlicher Winkel, der einem Gespenst und Spuck von leichtgläubigen Menschheit als Aufenthalt angewiesen wurde.
   Um das Jahr 1682 hatte die Familie von Liszt die Besitzung Reuden inne. Adam von Liszt liess seinen Namen in die Sandsteinumfassung über der Thüröffnung des Schlosskellers einmeisseln, und daneben den Namen 
seiner Gattin: Dorothea geb. Breda.
   Darauf ging dieser Grundbesitz in die Hände des Generals Borck über, welcher das Schloss, und die demselben gegenüber liegende Kapelle, ausbauen liess, und zugleich beide Gebäude mir seinem Wappen und demjenigen seiner Gemalin, eiener geborenen Edeling, schmückte.
   General Borck starb am 23. März 1728, und ging nun das Rittergut in den Besitz des Grafen Lunitz über, dessen Sohn sich ein trauriges Andenken im Orte bewahr hat, da er im Wahnwitz, nahe der ehemaligen, im Jahre 
1867 niedergerissenen Schlossbrücke, den Musketier Johann Michael Voss am 4. Febr. 1766 erschoss. 
   Als Graf Lunitz der Aeltere am 4. Oct. 1761 verschied,wurde Major Gottlieb Rudolph Graf von Schönburg Besitzer von Reuden. Nach seinem am 5.Juni 1781 erfolgten Tode, trat Johann Carl Heun als Eigenthümer 
der Besitzung auf. Derselbe war mit seiner Familie vordem vermuthlich aus der jetzigen Provinz Sachsen nach Brandenburg verzogen, und kam von Dobrilugk nach Reuden.Daselbst starb, wenige Jahre darauf, eine seiner Töchter am 5. Sept. 1788, welcher auf ihrem in der Nähe des Schlosses befindlichen Grabhügel eine hübsche, cannelirte, mit einer Urne gezierte Sandsteinsäule errichtet wurde, die noch heute gut erhalten, und mit der Bezeichnung " das Denkmal "in der ganzen Umgebung bekannt ist. 
   Herr Johann Carl Heun hatta einen Sohn mit Namen Carl Gottlieb SamueI, welcher am 20 März 1771 in Dobrilugk geboren war und das väterliche Besitzthum, als Pächter für die Familie nach dem am  22. Oct. 1798 erfolgten ableben seines Vaters, übernahm. Im Jahre 1801 wurde Reuden an die Familie von Mosch verkauft. Carl Heun zog nun nach Berlin, woselbst er am 2. August 1854 verstarb. Er hatte sich später den Titel eines Geheimen Hofrathes erworben, und wurde in weiteren Kreisen bekannt durch seine vielgelesenen Romane, die er 
unter dem Pseudonym Clauren schrieb. 
   Die Familie von Mosch blieb im Besitze von Reuden bis zu dem Jahre 1846 und verkaufte das Rittergut sodann an den Grafen Oriolla, von welchem dasselbe im Jahre 1854 in die Hände der Frau Messenberger kam, welche ausserdem noch das in geringer Entfernung belegene Rittergut Reddern besass. Im Jahre 1860 wechselte Reuden abermals seinen Besitzer aIs das Rittergut von Herrn W. Haacke erkauft wurde, in dessen Händen sich dasselbe zur Zeit noch befindet, gleich wie das nahe belegene ehemalige Rittergut Plieskendorf; welches jetzt ein Vorwerk zu Reuden bildet.
   Beide Güter umfassen zusammen ein Areal von über 3000 Morgen, welche merkantilisch sehr günstig gelegen sind, und aus gutem, zum. Theil vorzüglichem Boden bestehen. Es befinden sich auf den Feldern grosse Flächen, welche mit Scherben von Urnen und mit Bronce-Resten aus der Wendenzeit übersäet sind, und schon manchen bemerkenswerthen, archäologischen Fund geliefert haben. Bronce-Gegensdände, zwei grosse alte Mühlsteine, und viele fossile Thierknochen sind von dem Besitzer des Grund und Boden nach und nach aufgefunden und gesammelt worden.